Der Shepherd
Der Shepherd ist ein sportlicher Typ. Das sieht man schon an seinem Fressverhalten. Ganz anders als ein Retriever, der den kompletten Inhalt eines Mülleimers oder das Grillfleisch für 10 Personen in Sekunden verdrückt und sich danach noch mit wachsender Begeisterung 2 kg Sauerkraut reinwürgt, um das ganze schließlich (natürlich unfreiwillig) wieder auszukotzen, frisst der Shepherd nur soviel wie er braucht. Sein Auftrag ist die 24 stündige Observierung seines Besitzers. Seine Herde besteht meistens nur aus einem “Schaf”. Anders als ein Detektiv gibt er sich dabei jedoch überhaupt keine Mühe , diesen Job auch nur annähernd “Undercover”zu erledigen. Ganz im Gegenteil, ständig schiebt er seine feuchte Nase unter die Hand seines Besitzers. Er möchte damit nur sagen, das er schon fast 10 Sekunden nicht beachtet, gekrault oder anderweitig bespasst wurde. Im Haus liegt er vorzugsweise im Weg rum oder auf dem Weg zur Tür, damit er auch wirklich alles mitbekommt und es auf keinen Fall verpasst wenn Herrchen sich verpissen möchte. Meistens geht er jeden Gang mit, um immer auf dem Laufenden zu sein. Nachts platziert er gerne Legosteine an strategisch wichtigen Punkten auf dem Fußboden, damit er dich beim Fluchtversuch fluchen hört, wenn er ausnahmsweise mal fest schläft. Als Besitzer kommt man sich vor wie beim betreuten Wohnen. Gewissenhafter als jeder Pflegedienst, begleitet er dich sogar aufs Klo. Warum du nur diesen Ort als dein Revier “markierst” kann er leider nicht nachvollziehen, deshalb schaut er dich dabei mit großen Augen fragend an.....In seinem Maul befindet sich meistens ein Wurfgeschoss , das er dir unauffällig in die Hand schiebt, oder wie unbeabsichtigt vor die Füße fallen lässt und dann anstarrt. Sollte dir das entgangen sein, hebt er es auf und platziert es erneut. Manchmal nur ein paar Millimeter weiter. Solange bis sein Tun endlich bemerkt wird und endlich Aktion angesagt ist.
Der Shepherd leidet sehr unter seiner Spielsucht. Als Balljunkie liebt er Bälle über alles. Fußbälle sind auch toll, haben aber leider nur eine Lebenserwartung von ca. 3 Sekunden, dann landen sie mit einem leisen Furz im Bällehimmel . Der Bälle-Friedhof eines Zerstörer-Shepherds hat enorme Ausmaße und ist mit seinen Bergen von Kunststoffschnipseln vergleichbar mit dem Außenlager einer Recyclingfirma. Auf diesem Areal findet man völlig nackte Tennisbälle ohne diese gelbe Flauschehaut. Tennisbälle, die fein säuberlich in 2 Teile zerlegt wurden, die aussehen wie 2 gummiartige gelbe Slipeinlagen. Quitschies mit und ohne Quitschie. Aber auch Äste und haufenweise Rindenmulch (bereits bespasste Äste) . Manchmal findet man dort auch eine Ratte, die sich aber recht selten im unbespielten Zustand befindet. Selbst erfahrene Forensiker wären nicht mehr in der Lage die genaue Todesursache zu ermitteln. Vermutlich ein Suizid in einem Wasserbottich. Die mittlerweile kopflose Wasserleiche hat bereits diverse “Abnutzungserscheinungen” und wird bis zum letzten “Spielzug” gehütet wie der heilige Gral. Sogar unkaputtbare Vollgummibälle zerlegt er mit endloser Ausdauer in Molekularbausätze. Der Friedhof der (kaputten)Kuscheltiere und das Zalando-“Endlager” befinden sich meistens im Haus. Aber es gibt auch Aussies, die haben ungefähr 2 Mio. “heile” Spielsachen und sind in der Lage auf Kommando genau das richtige mit der Geschwindigkeit einer Internet-Suchmaschine rauszupicken.

Mit seinen hellseherischen Fähigkeiten ist der Shepherd dem Besitzer immer einen Schritt voraus. Hat man Beispielsweise in absehbarer Zeit vor, sich vom Sofa zu erheben, sitzt der Shepherd bereits seit Minuten an der Haustür und starrt die Klinke an. Während man noch verzweifelt den Autoschlüssel sucht, sitzt der Shepherd schon eine gefühlte Ewigkeit mit einer größeren Auswahl an Spielzeug auf der Ladefläche des Pickups und freut sich wie Bolle. Er ist aber auch sehr mitfühlend: Noch bevor die erste Träne den Boden berührt , hat der Shepherd bereits seinen Kopf auf den Schoss seines Besitzers gelegt und leidet still mit ihm.

Wenn man bei anderen Hunden Haustür oder Tor auflässt sind sie weg, und zwar “weit” weg. Zuweilen kann man sie direkt im Tierheim abholen. Der Shepherd ist immer “da”. Er braucht weder Zäune, Würgehalsbänder, noch umfunktionierte Wäscheleinen die hinter ihm her schlurren.

Damit der verrückte Köter endlich ausgelastet ist gehen viele zum Agillity. Dabei dreht er aber immer mehr auf, deshalb wird der Besitzer dabei aus Sicherheitsgründen nicht angeleint. Er wäre dabei nur ein Klotz am Bein (Hals).

Ein nicht ausgelasteter Shepherd in einer 2 Zimmer Stadtwohnung mutiert schnell zum kreativen Innenarchitekten. Seiner Meinung nach sind Möbel im Polly-Pocket Format viel praktischer. Bei den Tapeten bevorzugt er den “Used look” und die Maserung der Echtholz Innentüren kommt nach stundenlangen kratzen (zumindest im unteren Bereich) viel besser zur Geltung. Der “Einbau” einer Katzentür im Vintage Look dauert bei ihm gerade mal 6 h. Wie er dein Weihnachtsgeschenk ( ein sündhaft teures Designer-Hundesofa) wirklich findet , kannst du bereits direkt im Anschluss an das “eben Zigarettenholen” begutachten.....Als Sprengstoffexperte macht er nach deiner “Evakuierung” auch schon mal einen Fehler am Zünder des Sofakissens und das Ding explodiert trotzdem....Ein geschmückter Weihnachtsbaum entspricht in waagerechter Position schon eher seiner Vorstellung von einem Stock zum spielen und das Klopapier wird in mikroskopisch kleine Fusseln zu Kunstschnee verarbeitet. Zusammen mit den explodierten Kissen(Mehrzahl is ja klar!) ergibt das schon eine geschlossen Schneedecke......

“Schnee an Weihnachten hast du dir doch so sehr gewünscht, oder?”

Am liebsten arbeitet der Shepherd mit Schafen. Je mehr desto besser. Wenn er mal nicht schnell genug drum rum kommt, nimmt er gerne die Abkürzung und rennt mit seinen Dreckfüßen quer über den wollweißen blökenden Flokati-Teppich. Um die vielen kleinen Köttelkisten nicht zu erschrecken. erledigt er seinen Job völlig lautlos. Die kleinen schwarzen Bälle die aus den Dingern haufenweise raus kommen findet er sogar als Balljunkee echt ”Scheiße”. Der Schäfer ist eigentlich völlig überflüssig. Jeder Auftrag wird völlig selbstständig erledigt. Die ganze Truppe nach Mces zum Drive In führen und für alle 2000 Meckerköppe Veggieburger mit doppelt Grünzeug bestellen, für den Aussie kein Problem. Für das Spielzeug aus dem Happy Meal tut er einfach alles. Die Impftermine dieser nahezu wartungsfreien Rasenmäher mit Selbstantrieb hat er ebenso im Kopf wie die GPS-Koordinaten der Weidestellen. Im Frühjahr koordiniert er die fast 2000 Frisörtermine bei Udo Walz. Danach kümmert er sich rührend um die Lämmer, die ihre häßlichen nackten Mütter nach dem Umstyling nicht wiedererkennen......

Ein Hund für alle Fälle: “Shepherd” !!!

Am Pferd läuft er übrigens auch super, was sonst?

 

Verfasser: "Tussenpferd" findet ihr auf Facebook